Es ist nicht einfach, mit euch zu regieren

16. Januar 2023
 
Am 10. Januar 2023 besuchte die Bundestagsabgeordnete der Grünen Karoline Otte eine 10. Klasse und drei Politikkurse des Corvi (Q1/Q2), an dem sie 2016 selbst das Abitur gemacht hat. Sie beantwortete Fragen zu ihrem Berufsalltag, dem Leben als Abgeordnete und zum Klimawandel.
 
Aus dem Berufsalltag
21 Sitzungswochen des Bundestags im Jahr verbringt Karo Otte in Berlin, es herrscht für alle Abgeordneten Präsenzpflicht. Karo ist Obfrau im Ausschuss für Tourismus, eine riesige Industrie, die vor allem Frauen und Minderheiten beschäftigt. Sie wirkt zudem beim Ausschuss für Kommunen mit und ist stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss.
 
Aber auch die sitzungsfreien Wochen sind kein Urlaub. Diese verbringt Karo hier in Südniedersachsen - bei ihrer Familie, bei Wahlkreisterminen (zum Beispiel der Besuch am Corvi), in Online-Sitzungen, die in den Sitzungswochen keinen Platz gefunden haben, und vielen, vielen Telefonaten immer dazwischen. Zu ihrem Wahlkreis gehören einige Städte und Gemeinden der Landkreise Northeim, Goslar und Göttingen. Ihr Wahlkreisbüro befindet sich in Osterode am Harz.
 
Etwas bewirken können
Das Gefühl politischer Selbstwirksamkeit komme immer, wenn man es am wenigsten erwarte: Ein Moment, wo Karo es erlebt hat, war, als sie beim Mittagessen mit einer Abgeordneten nebenbei erwähnte, dass sehr viele ukrainische Menschen nur bis zu Dörfern an der polnisch-ukrainischen Grenze flüchten und nicht weiter. Einige Wochen später erzählte ihr die Abgeordnete, dass von nun an auch ukrainische Menschen aus polnischen Dörfern nach Deutschland befördert würden.
 
Respekt
Auf die Frage, ob sie überall als junge Politikerin respektiert werde, antwortet Karo mit ganz verschiedenen Eindrücken. Am Anfang ihrer politischen Karriere wurde sie bei einer Diskussion damit vorgestellt, sie hätte noch keine berufliche Erfahrung, was nicht stimmte. Das ist aber auch in Berlin nicht mehr so. Zwar schauen einige ältere FDP-Politiker:innen wegen des jungen Alters immer noch auf sie herab, aber generell begegne man ihr mit Respekt. Was Karo auch eindrücklich fand, war, dass man sich im FDP-Büro untereinander sieze. Im Grünen-Büro würden sich alle duzen.
 
Es ist nicht einfach, zu regieren
Nach einer anstrengenden Sitzung meinte ein SPD-Politiker: „Es ist echt nicht einfach, mit euch zu regieren.“ Es soll aber auch nicht einfach sein, zu regieren, so Karo. Das gleiche dann manchmal auch einem Kinderstreit, wie so oft von der Bevölkerung behauptet wird. Eine Entscheidung im Sinne der drei Parteien SPD, Grüne und FDP zu treffen, darf gar nicht einfach sein.
 
Von Böllern und Lüzerath
Auch politische Fragen durften natürlich nicht fehlen. Die Silvesterböllerdebatte, ein verpflichtendes FSJ nach der Schule, die Kontroverse um die Klimaaktivismusgruppe Last Generation, die geplante Abbaggerung und Braunkohlegewinnung unter dem Dorf Lützerath und der Klimawandel waren Thema in den 90 Minuten.
 
Eigene Grenzen kennen
Als Abgeordnete zur Ruhe zu finden, scheint schwer. Anfangs hat Karo noch versucht, jede Veranstaltung mitzunehmen. Heute setzt sie öfter mal Grenzen und geht nicht überall hin. So schafft sie es, am Wochenende auch mal was mit der Familie zu machen.
 
Wie es weiter geht
Ob sie 2025 wieder antrete, wisse sie noch nicht. Ihre kleine Tochter störe sich bereits jetzt an jeder Abreise nach Berlin. Sie träume davon, irgendwann Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde zu werden - es sei ohnehin besser, immer mal was anderes zu machen.
 
Text: Matteo Wolff, Q2; Fotos: H. Winalke, Wolff

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