"Die Welt ist aus den Fugen!

4.11.2022. Am Sonntag, 30.10.2022 besuchte der Englisch-Leistungskurs mit Frau Ruf das Hamlet-Schauspiel im Theater Hildesheim und einen anschließenden late night talk mit Darsteller:innen des Schauspiels.

„Die Zeit ist ganz verrenkt. Schlimmes Schicksal, dass ich geboren wurde, sie wieder einzurenken.“

Unsere Zeit ist geprägt von Krieg, der Klima- und Energiekrise. Grundsatzkämpfe in den Bereichen Feminismus, Antirassismus und Queerness gehen hier einen Schritt vorwärts und da um Jahrzehnte zurück. Die abiturrelevante Tragödie „Hamlet“ von Shakespeare scheint dadurch aktueller denn je.

Tragische Kettenreaktion

Der König von Dänemark stirbt unerwartet und sein Bruder Claudius erobert sowohl den Thron als auch die Ehefrau Gertrude. Ihr Sohn Hamlet trauert währenddessen immer noch um seinen Vater, sein Misstrauen gegenüber dem neuen König und seiner Unschuld wächst, bis ihm eine Geistererscheinung seines Vaters im Traum bestätigt, dass Claudius den König umgebracht hat. Hamlet weiß nicht, wie er mit dieser Enthüllung umgehen soll und stellt sich wahnsinnig. Er präsentiert dem ganzen Hofstaat ein Theaterstück, in dem er den Mord an dem König nachstellt. Claudius lässt Hamlet daraufhin bespitzeln. Während Hamlet seiner Mutter heftige Vorwürfe macht, entdeckt er einen Spitzel im Zimmer und tötet ihn im Glauben, es sei Claudius. Als sich herausstellt, dass es sich aber um Polonius, den Vater seiner Geliebten Ophelia handelt, setzt sich eine tragische Kettenreaktion ins Rollen, die für alle tödlich endet.

Maximal modern

Die Inszenierung schafft den Spagat zwischen maximaler Shakespearehaftigkeit und maximaler Modernität, wie von dem Theatertheoretiker Jan Kott 1965 gefordert. Die Regisseurin Ayla Yeginer inszenierte einen Teil der Handlung als moderne Talkshow, um „die Hamlet-Gesellschaft als Spannungsfeld [der Wechselwirkungen der Figuren] darstellen zu können“. Die Figuren müssen in dieser Talkshow auf Gesagtes reagieren, was sie im Originaltext gar nicht zu hören bekommen, und sich einander und der Öffentlichkeit offenbaren. Selbst entwickelte, lustige Passagen und Szenen sorgen für eine lockere Atmosphäre und auch die Darstellung des Originaltexts ist dafür verantwortlich, dass Shakespeare nicht bieder, sondern kurzweilig und sehr unterhaltsam daherkommt. Dank der neuen Übersetzung von Marius von Mayenburg konnte man dem Schauspiel trotz Kürzung gut folgen.

Verunsicherter Held

Im late night talk mit der Dramaturgin Cornelia Pook, den Darsteller:innen von Hamlet, Ophelia, Rosenkranz, der Regisseurin, sowie dem Publikum wurde die Aktualität des Stücks noch einmal deutlich. Zitate wie „Die Welt ist aus den Fugen“ beschreiben den Zustand unserer Gesellschaft treffend. Das Gefühl von Verunsicherung und Angst vor der Zukunft, das Hamlet in seiner Identitätskrise umtreibt, ist auch heute noch sehr aktuell.

Der Darsteller von Hamlet, Jonas Kling, bringt eine Frage auf den Punkt, die wohl viele bewegt: Lohnt es sich überhaupt zu versuchen, alles wieder „einzurenken“, wenn am Ende der Rest nur Schweigen ist? Die Regisseurin Ayla Yeginer sagt ja: „Ein Hamlet der heutigen Zeit dürfte sich weniger denn je im Zaudern verfangen, er müsste handeln.“

Es wundert nicht, dass das Stück beim Kurs größtenteils gut ankam und zumindest zum Nachdenken anregte.

Text: Matteo Wolff, Q2

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